Digitalisierung. Mit sechs Silben ein langes Wort, doch wenn der volle Umfang der Bedeutung erfasst werden soll, wirkt es plötzlich klein. Denn die Digitalisierung greift in jeden Bereich unseres Lebens ein. Für die einen ist sie Unheils-, für die anderen Heilsbringer. Der Begriff umfasst Hoffnungen, Sorgen, Generationenkonflikte und rasante Veränderungen in Alltag und Arbeit. Schallplatten und CDs gehören nach wenigen Jahrzehnten schon zur Vergangenheit, Buchgeschäften haftet ein Hauch von Nostalgie an und selbstfahrende Autos sind keine wirren Zukunftsfantastereien mehr. Im Büro ist Papier out, und Onlinepräsenz ist für Unternehmen nicht wegzudenken.
Schließe kurz die Augen und stelle dir dein Leben komplett analog vor. Ich wette, du kannst es nicht. Selbst wenn, es sähe bestimmt ganz schön anders aus. Und das, obwohl die Digitalisierung eine sehr junge Entwicklung ist. Nicht zuletzt deshalb gibt es Schwierigkeiten bei ihrer Definition. Stellen wir also die erste, wichtige Frage:
Was bedeutet Digitalisierung eigentlich?
Der Duden gibt als Bedeutung des Begriffes der Digitalisierung „das Digitalisieren, Digitalisiertwerden“ an. Eine elegante Umschreibung, die nichtssagend bleibt. Denn die eigentliche Frage lautet doch: Was bedeutet denn nun das „Digitalisieren“?
Das Wort „digital“ leitet sich vom lateinischen „digitus“ ab. Das bedeutet ursprünglich Finger. Wenn nun jemand in einem technischen Kontext von „Digitalem“ spricht, heißt das, dass ein Inhalt nur durch Ziffern dargestellt wird. Das Binärsystem, das nur aus den Ziffern 0 und 1 besteht, ist das wohl bekannteste Digitale System.
Also bedeutet die Digitalisierung einer Information, sie von ihrer analogen Form in einen digitalen Wert umzuwandeln, sozusagen „umzurechnen“. Diese Erklärung bleibt für die meisten Menschen sehr abstrakt für etwas, das so greifbar in unserem Alltag zu spüren ist.
Was für Auswirkungen hat die Digitalisierung auf unser Leben?
Ein wichtiger Aspekt der Digitalisierung ist ihre hohe Geschwindigkeit. 1969 gilt als Geburtsjahr des Internets, 2007 wird der Welt das iPhone präsentiert. Heute sind ungefähr 90% der deutschen Bevölkerung online unterwegs und das Smartphone ist fester Bestandteil zahlreicher Leben. Die mit dem Digitalen verbrachte Zeitspanne ist verschwindend gering, hat aber unser Leben schon gründlich verändert. Und wir stecken noch mitten in der Entwicklung.
“Digital Natives” vs. “Digital Immigrants”
Die Schnelligkeit der Veränderungen sorgt dafür, dass heutzutage zwei grundlegend unterschiedliche Arten von Menschen gemeinsam die Erde bevölkern: „Digital Natives“ und „Digital Immigrants“.
Wer hier kennt noch Schallplatten und VHS-Kassetten? Die Wahrheit ist, vermutlich die allermeisten. Doch während sie für die „Digital Immigrants“ noch zu den altvertrauten Medien zählen, erscheinen sie den sogenannten „Digital Natives“ wie Reliquien einer lang vergangenen Zeit. Musik streamt der „Digital Native“ auf Spotify, für Filme gibt es Netflix und mit dem Handy hat er so ziemlich alle Gerätschaften, die er brauchen oder auch nicht brauchen könnte, immer dabei: Über Taschenrechner und Taschenlampe bis hin zur Kamera und Mini-Computer.
Die „Digital Immigrants“ belächeln die „Digital Natives“ gerne einmal. Noch viel lieber regen sie sich über sie auf. Die Vorstellung der überlebensunfähigen, handysüchtigen Jugendlichen bietet viel Angriffsfläche und komödiantisches Material. „Leg doch mal das Ding weg!“, sagt manch einer gerne mit Bezug aufs Smartphone. Gleichzeitig machen sich die „Digital Natives“ über die planlosen Alten lustig, die bei den schnellen technischen Entwicklungen völlig hinterherhängen und denen die unglaublichen, grenzenlosen Möglichkeiten des digitalen Lifestyles verschlossen bleiben.
Die Digitalisierung sorgt für einen Generationenkonflikt zwischen denen, die im Zeitalter der neuen Technologien geboren wurden, und jenen, die noch die analoge Welt kennenlernten. Die Kluft ist natürlich nicht immer so tief wie gerade so plakativ beschrieben. Dass aber die Digitalisierung die Menschen verändert, ist nicht zu bestreiten. Verschiedene Studien lassen sogar auf Unterschiede in den Gehirnen von “Digital Natives” und “Digital Immigrants” schließen: Das Hirn von jüngeren Menschen reagiert anders auf Multitasking und zwischenmenschlichen Kontakt. Wegen der Massen von Informationen, die im Internet kursieren, ist Reizüberflutung vorprogrammiert.
Die Menschen entwickeln sich also mit der Technik und die Auswirkungen sind jetzt schon spürbar. Doch die Entwicklung fängt nicht in unseren Köpfen, sondern in unserer Umwelt an.
Der digitalisierte Alltag
Internetanschlüsse haben in unser tägliches Leben Einzug gehalten. In unserer Freizeit zeigt sich diese Entwicklung besonders in digitalisierter Kommunikation. WhatsApp, Instagram und andere Vertreter der Gattung Social Media sorgen für ständige Erreichbarkeit. Besonders in Zeiten der Corona-Pandemie beweist dies auf der einen Seite seine Nützlichkeit, auf der anderen jedoch auch, dass echter menschlicher Kontakt (noch) nicht ersetzbar ist.
Aber nicht nur die Kommunikation wird vereinfacht. Essen musst du nicht mehr selbst kochen, es wird mit einem Klick vor die Tür geliefert. Um dich neu einzukleiden brauchst du nicht von deiner Couch aufzustehen, und mit den richtigen Streaming-Abos sorgst du für Unterhaltung rund um die Uhr. Ob der digitalisierte Alltag bequem macht, oder ob er für mehr frei verfügbare Zeit sorgt, liegt vor allem an deiner Weise, mit ihm umzugehen.
Die digitalisierte Arbeitswelt
In der digitalisierten Arbeitswelt hegen besonders im Bereich manueller Arbeit viele Menschen Bedenken. Die Angst vor dem Ersetztwerden durch Roboter und Technologien gilt nicht mehr als dystopische Fantasie chronischer Pessimisten, sondern stellt für einige Menschen eine echte Sorge dar. Eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Betriebsforschung ergab 2016, dass etwa 25% der Jobs in Deutschland rein computergesteuert erledigt werden könnten. Die Digitalisierung schaffe mehr Arbeitsplätze als sie nimmt, wird dagegen argumentiert.
Auch im Büro sind die Folgen zu spüren. PCs und E-Mail-Verkehr sind schon lange nicht mehr wegzudenken, und die Technik entwickelt sich immer weiter. Bei den neuen Möglichkeiten und Problemen sticht eine Herausforderung besonders heraus: der Datenschutz. Wenn du dich schon einmal näher mit diesem Thema beschäftigen musstest, weißt du, wovon ich spreche. Für die digital angesammelten Daten muss ein sicherer Speicherort her, die Richtlinien sind kompliziert und vor allem mit Kundendaten von Unternehmen müssen diese sehr vorsichtig umgehen. Egal, ob “Digital Native” oder “Digital Immigrant”: Das will gelernt sein. Deswegen ist ständige Weiterbildung wichtig. Besonders Menschen, die es nicht gewohnt sind, mit digitaler Technik zu arbeiten, müssen sich umstellen.
Gleichzeitig bietet sich die Möglichkeit von mehr Flexibilität, weil du deine Arbeit in einem digitalisierten Unternehmen nicht mehr unbedingt von deinem eigenen Schreibtisch im Büro aus erledigen musst. Der Zugriff auf die für die Arbeit gebrauchten Daten kann einfach von der Heimbasis aus erfolgen. Auch größere Projekte und internationale Zusammenarbeit werden erleichtert.
Ein weiteres, gerne genanntes Wort im digitalen Zusammenhang ist das “papierlose Büro”. Hierbei geht es um die Chance, Papierkram durch Digitalisierung zu reduzieren, was die Arbeit übersichtlicher machen soll und gleichzeitig die Umwelt schont. Nachhaltigkeit lautet hier das Stichwort. Außerdem werden Kosten für all den Zubehör gespart, der sonst dafür zuständig ist, das Papierchaos im Büro zu bändigen.
Digitalisierung, gut oder schlecht?
Tja, wenn das so einfach zu beantworten wäre. Es gibt Befürworter und Gegner einer immer stärker digitalisierten Welt, und beide Seiten können gute Argumente vorbringen. Von den unzähligen Vor- und Nachteilen wurden nur ein paar oben angeschnitten. Da es sich um einen Prozess handelt, der immer noch in vollem Gange ist, sind manche Auswirkungen noch sehr schwierig zu bewerten.
Vermutlich werden weder die düsteren Orakel, die die Versklavung durch die Technik vorhersagen, noch die Extrem-Optimisten, die all unsere Probleme durch die Digitalisierung gelöst sehen, Recht behalten. Die Welt in schwarz-weiß zu betrachten führt hier nicht weit. Vielmehr ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Digitalisierung nicht aufzuhalten ist. Deswegen gilt, die Sache ohne Angst vor Veränderung, mit Offenheit und einer gesunden Portion Skepsis anzugehen!
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