Vor etwa 300 000 Jahren entwickelte sich der erste homo sapiens. Verglichen mit dem stolzen Alter der Erde von etwa 4,4 Milliarden Jahren ist der Mensch also ein Jungspund. Und doch hat seine Entwicklung in dieser „kurzen“ Zeit immer mehr an Fahrt und seit der Neuzeit rasante Geschwindigkeiten aufgenommen. Vor allem die Digitalisierung hat einen neuen, großen Stein ins Rollen gebracht, der eine Schneise durch alle Bereiche des täglichen Lebens pflügt. Mit Entwicklungen in unserer Umwelt und unseren Köpfen geht schließlich auch immer eine Entwicklung in der Arbeitswelt einher.
Eine dieser Entwicklungen heißt „New Work“ – was sich hinter diesem schmissigen Begriff verbirgt und welche Veränderungen er bringen will, schauen wir uns genauer an.
Was bedeutet „New Work“?
„New Work“. Wer nur in Grundzügen vertraut mit der englischen Sprache ist, wird diesen Ausdruck als „Neue Arbeit“ ins Deutsche übersetzen können. Damit ist leider noch nicht sehr viel gesagt. Eine ganz klare, traditionelle Definition ist nicht einfach zu finden – passend zum Konzept, wie wir noch sehen werden.
New Work beschäftigt sich mit verschiedenen weiterentwickelten Arbeitsformen, die den Herausforderungen von Digitalisierung und Globalisierung standhalten sollen. Dafür löst sie sich von traditionellen Modellen der Arbeit, die ihren Ursprung oft noch in den Zeiten der Industrialisierung finden. Begründet wurde die Bewegung vom Sozialphilosophen Frithjof Bergmann, der das Grundlagenwerk „Neue Arbeit, Neue Kultur“ verfasste. Zu den dort beschriebenen Gedankengängen zur Freiheit des Menschen und dem Verhältnis von Freiheit zu Arbeit wurde Bergmann unter anderem durch Reisen durch sozialistische Länder und die Beschäftigung an US-amerikanischen Industriestandorten angeregt. „Nicht wir sollten der Arbeit dienen, sondern die Arbeit sollte uns dienen“, sagt er zum Konzept.
New Work soll die Arbeit der Zukunft sein, also die Arbeit in unserer vernetzten Wissens- und Informationsgesellschaft. Die traditionellen Arbeitsabläufe seien Ausformungen der Arbeit in der Industriegesellschaft gewesen, und diese hat sich weiterentwickelt.
Merkmale von New Work
Im Kern handelt es sich bei „New Work“ um eine Utopie. Arbeit soll erfüllend wirken und zur persönlichen Entwicklung positiv beitragen, statt nur daraus zu bestehen, wie eine Art Werkzeug eine bestimmte Aufgabe zu erledigen. Daraus ergeben sich verschiedene Elemente, die New Work in der heutigen Arbeitswelt charakterisieren.
Selbstbestimmung
Durch Selbstbestimmung wird gleichzeitig darauf abgezielt, sich selbst durch seine Arbeit zu verwirklichen. Es soll nicht nur ums Geld verdienen gehen, sondern der Job soll zu etwas werden, das man aus Überzeugung tut. So soll der Mensch auf der Arbeit im Endeffekt auch motivierter und glücklicher sein.
So sähe das Büro aus
Wichtige Elemente der Selbstbestimmung, beziehungsweise Selbstverwirklichung, im Job sind flexible Arbeitszeiten und lose Hierarchien in einem Betrieb. Ortsunabhängiges Arbeiten, also vor allem das Homeoffice, gehören mit dazu. Hier wird auch schon deutlich, dass die digitale Vernetzung für ein New-Work-Büro unerlässlich ist. Fort- und Weiterbildung spielen ebenfalls eine wichtige Rolle und sollen zur Normalität für Arbeitnehmende werden, sodass sie die Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung haben. Die Arbeit in agilen Teams, in denen jedes Mitglied etwas beiträgt, ist in einem New-Work-Büro gegenüber der klassischen Hierarchie aus Vorgesetzten und Vorgesetzten der Vorgesetzten zu bevorzugen. Das Ziel ist außerdem, insgesamt eher weniger zu arbeiten und so auch die Zeit außerhalb der Arbeit freier gestalten zu können.
Moderne Arbeitsorganisation
Daraus folgt auch eine veränderte Struktur der Arbeit in einem Büro. Effizienz durch Diversität löst in der New-Work-Bewegung die klaren Unternehmensstrukturen ab. Auch die Bedeutung von Chef oder Chefin ändert sich: Eine Führungsperson in einem New-Work-Büro soll ihren Mitarbeitenden weniger Anweisungen geben und weniger Kontrolle ausüben, dafür mehr auf Eigenverantwortung und Einfühlungsvermögen setzen. Zusammenarbeit findet auf Augenhöhe statt.
So sähe das Büro aus
Statt fester Abteilungen, die für ihren jeweiligen Bereich zuständig sind, wird hauptsächlich durch Projekte gearbeitet. Mit denen beschäftigen sich gemischte Teams, deren Mitglieder sich durch verschiedene Hintergründe und Fachgebiete effizient ergänzen sollen. So entsteht ein sich immer wieder neu vernetzendes Büro, das durch Austausch unterschiedlichster Sichtweisen zu den bestmöglichen Lösungen von Problemen gelangt und flexibel bleibt. Coworking Spaces, also offene Büros in denen verschiedenste Menschen temporär zusammenarbeiten können, sollen hierzu einen zusätzlichen Beitrag leisten.
Innovation
Mit Kreativität bist du bei New Work genau an der richtigen Adresse. Denn das Arbeitskonzept sucht immer neue Lösungen und Ideen, statt an traditionellen Mustern und Abläufen festzuhalten. Diese Kreativität soll vor allem daraus entstehen, dass du deinen Job wirklich gerne machst und so motiviert bist, Gedanken zur Weiterentwicklung zu investieren.
So sähe das Büro aus
Auch für diesen innovativen Ansatz spielt die vermehrte Arbeit an Projekten eine große Rolle. Diese erlaubt mehr freien Raum für Austausch und Kreativität. Das agile Projektmanagement ist ein wichtiger Bestandteil von New Work. Kurzfristige Zielsetzung, sehr viel Feedback und vor allem Flexibilität werden hier in den Fokus gerückt.
Wie funktioniert New Work bisher?
Kreativität, Arbeit aus Überzeugung, Selbstverwirklichung und Motivation. Das hört sich erst einmal vielleicht zu schön an um wahr zu sein. Eine Utopie eben. Wie läuft es mit der Umsetzung in der Realität also bisher tatsächlich?
Laut einer Studie des Unternehmens Peakon ist in Deutschland fast jeder Vierte unzufrieden mit seinem Job. Damit ist Deutschland im internationalen Vergleich ein Spitzenreiter der Demotivation. Mit der erfüllenden Arbeit und Selbstverwirklichung scheint es hierzulande also noch nicht ganz so gut zu klappen. Den Grund für Deutschlands schlechteres Abschneiden sieht die Studie vor allem in fehlender Flexibilität und weniger selbstbestimmtem Arbeiten als in anderen Ländern. Diese Schlagworte kommen uns doch sehr bekannt vor, oder? Den Wunsch nach New-Work-Ansätzen gibt es also definitiv. Vor allem jüngere Arbeitnehmende wollen nachhaltige und flexible Arbeitgebende.
Frithjof Bergmann, der Begründer der Bewegung, übt selbst auch Kritik daran, wie New Work von Unternehmen umgesetzt wird. Hier werde oft versucht, New Work auf eine Art einzubauen, dass wirklich große Veränderungen letztendlich vermieden werden. Nur einzelne Dinge umzusetzen, um die Arbeit ein bisschen reizvoller zu machen, sei nicht genug. “Lohnarbeit im Minirock”, nennt er dieses Phänomen. Eigentlich handele es sich bei der Grundidee von New Work aber um ein ein radikales neues Denken und nicht zuletzt um Kritik am Kapitalismus.
Trotz des Untergehens des radikaleren Ursprungsgedanken sind viele Veränderungen in der Arbeitswelt von den Ideen der New-Work-Bewegung geprägt. Selbst das mittlerweile allseits bekannte Homeoffice knüpft an den Wunsch nach mehr Selbstbestimmung und Flexibilität an. Zukünftig werden sich die Einflüsse wohl immer deutlicher zeigen.
Was hältst du von New Work? Findest du die Idee gut oder bleibst du lieber bei deiner traditionellen Arbeit? Lass es uns gerne wissen!
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